Präzision und Details

In einem Eintrag zuvor („Modeerscheinungen“) hatte ich das Thema „Automatisierung“ auf das „noch nie dagewesen“ reduziert. Aber es geht um mehr als die Möglichkeit, etwas zu digitalisieren oder zu automatisieren:

Damals wollte man einem Computer beibringen, wie man bestimmte Tätigkeiten durchführt. Und wie bringt man einem Computer so etwas bei? Indem jemand -übrigens meine Lieblings-Rolle in Prozessen- aufgeschrieben hat, wie das genau geht.
Und es musste GANZ GENAU sein, so dass der Computer niemanden mehr fragen musste, wie Dinge aufaddiert oder in Relation zueinander gebracht werden müssen. (Wer jemals ernsthaft versucht hat, zu programmieren, der weiss, dass ein Computer „nur“ das tut, was wir ihm sagen. Und zwar genau das. In dieser Reihenfolge.)
Ein interessanter Nebeneffekt ist davon übrigens die Aussage in Workshops: „Die Genehmigung macht dann die Software“. Darauf wird an anderer Stelle eingegangen.

Heute glauben wir nicht mehr an diese Präzision, wenn wir Prozesse aufschreiben. Zum einen wollen wir ja kein ERP Programm erfinden. Zum Anderen sollen Prozesse aufgeschrieben werden, weil… ja, warum eigentlich? Naja, egal. Fangen wir einfach mal an … 😉

Präzision kann auch nerven.
Das Management spricht hin und wieder von „Detailverliebtheit“, die Mitarbeiter sagen „muss das denn sein…“
Unter anderem weil wir wissen: Die Person, die den Prozess nachher liest, wird schon wissen, wie wir es gemeint haben.
Ja?
Ist das so?
Und wenn nicht, ist der ‚Prozess-Anwender‘ dann ‚dumm‘? Sicherlich nicht.
Aber wenn wir schon etwas aufschreiben, dann sollte es doch auch stimmen.
Und wie genau soll es sein…?

Nun, aus meiner Sicht gibt es Schlüsseldetails, deren Klärung  durchaus mühsame Wortklauberei nach sich zieht. Schlüsseldetails gibt es da, wo Ergebnisse von einer Verantwortung („Schwimmbahn“) in eine andere Verantwortung übergeben werden. Lässt man diese Beschreibung eher „vage“, dann hat vermutlich auch keine Diskussion darüber stattgefunden, was genau, in welcher Qualität, zu welchem Zeitpunkt und auf welchem Weg übergeben werden sollte.
Ein Prozess-Anwender oder Prozess-Verantwortlicher (zu den Begriffen mehr an anderer Stelle) weiss meist sehr gut, was zu tun ist, mit wem und in welcher Reihenfolge.
Aber da, wo Prozesse von der Welt der „einen Prozessin“ in die Welt der „anderen Prozessin“ übergehen, da wird es interessant.
Das sind die vielgeliebten „Schnittstellen“ – übrigens auch in der IT liebevoll vernachlässigter Inhalt.
Details können also Zündstoff enthalten (oder den berühmten Teufel) – wenn sie nicht Nebelkerze oder Wichtigtuerei ist.

Je nach „Haltung“ zur Prozessarbeit wird auch die Bedeutung von Details höchst unterschiedlich gewertet. (…und dies ist wieder ein äußerst interessanter Wesenszug des Phänomens „Prozessin“….)

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